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Mittwochsfrage #126: Ein Buch wie ein Kubrick-Movie?

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    Mittwochsfrage #126: Ein Buch wie ein Kubrick-Movie?

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    Der Sinn hinter den Worten und den Bildern, die entstehen.

    Untiefen, Doppeldeutigkeiten, Symbolik – wie Erzähltechniken in visuellen Medien die Inhalte noch potenzieren können, sieht man in cinematografischen Meisterwerken. Ich denke an Kubricks oder Hitchcocks Filme oder an Meilensteine wie "Das Schweigen der Lämmer". Oder aktuell, in nicht weniger als erzähltechnischer Perfektion, "Better Call Saul", das nichts an seiner Geschichte und der Art, wie sie erzählt wird, dem Zufall überlässt, ohne sich zu überfrachten oder in Selbstreferenzen zu ersaufen.

    Wie macht man das mit Worten?
    Überlasst Ihr viel dem Zufall, wenn es um Euren Erzählton und weitere Erzählebenen geht? Oder greift Ihr mit allen Mitteln ein?
    Wenn Ihr eine bestimmte Botschaft unterstreichen möchtet – aber auch, wenn Ihr "nur" gepflegt unterhalten wollt – wie weit geht Eure Vorabplanung einzelner Szenen?
    Benutzt Ihr alles, vom Ort, Jahres-, Uhrzeit, Wetter, Kleidung, über Charaktereigenschaften vom Namen bis zur favorisierten Krawattenmarke, um Eure Aussage zu stützen?
    Plant Ihr vor dem Schreiben, Bilder, Metaphern, Symbole, symbolhafte Handlungen, Figuren hineinzubringen? Foreshadowing, Rückblicke, Wiederholungen? Muss jedes Puzzleteil der Erzähltechnik so früh wie möglich sitzen?
    Oder macht Ihr das "on the go" oder im Nachhinein oder nicht bewusst/intuitiv oder gar nicht?
    Oder ist das alles überflüssig?

    #2
    Teils teils.
    Wenn ich beim Erdenken des Plots bereits merke, dass dieses oder jenes Ding als Symbol funktioniert, plan ich das ein. Ich plane Zahlen- und Farbsymbolik ein, Namen natürlich, Kleidungsstile und Narben können eben so Bedeutung tragen, sowie Schmuckgegenstände und sonst alles, was die Figuren benutzen. Wenn ich im Erdenken des Plots denke, hier ist ein Symbol, plan ich das mit. Die Jahreszeit und das Datum, Orte - natürlich plan ich das vorher, wenn das von Bedeutung ist.

    Ich plane auch den Erzählton bereits. Wer die PoV-Figur ist, 1. oder 3. Person, die Zeitform, aber auch die Grammatik und Metaphernwahl plane ich im voraus. Ist das eine Figur, die Umgangssprache spricht oder hält sie sich an die (grammatischen) Regeln? Ist das eine Figur, die an Technik oder an Kunst interessiert ist, denn oft nehmen wir Metaphern von Dingen, die wir kennen. Das muss ich vorher wissen. Ich plane auch, ob die PoV-Figur und damit der Erzählton zynisch oder komödiantisch oder melancholisch oder was auch immer es ist, denn auch das hängt für mich unglaublich stark von der Figur ab, die PoV ist.
    Ich plane auch vorher schon, ob der Text viele Dialoge oder wenige Dialoge haben soll. Beides ist okay, gibt aber ein andere Feeling im Text.

    Also ich plane eine ganze Menge im Vorfeld, damit die Symboliken und Details in meiner Geschichte stimmen.
    Trotzdem lasse ich mich auch von dem Lauf des Textes überraschen. So habe ich eine Schlüsselmetapher für mein Langzeitprojekt erst beim Schreiben des ersten Entwurfes entdeckt. Ich habe dann kein Problem damit, in den Text zurückzugehen und diese neue Metapher in die erste Hälfe des Textes zu schreiben.
    Genauso mit Gegenständen und anderen symbolischen Dingen: Wenn während des Schreibens sich Dinge im Text ergeben, die besser sind oder plötzlich einfach Sinn machen, dann nehme ich das auf und arbeite damit weiter. Ich freue mich dann ehrlich gesagt immer, wenn im Schreiben ein neues Ding vorkommt und den Text besser macht.

    Aller Planung zum Trotz: Es kommt immer anders als man denkt
    Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
    to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
    A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
    You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

    Kommentar


      #3
      Tja, schön wär's, aber an Kubriks Detailversessenheit komme ich dann doch nicht ran. Ich kann vielleicht bei einer Kurzgeschichte jeden Satz zur Brillanz schleifen, aber bei einem Roman reicht mir ein "gut genug".
      Auf die Frage
      Wie macht man das mit Worten?
      hätte ich daher gesagt "keine Ahnung" XD, aber ein bisschen Ahnung habe ich schon. Ist halt die Frage, wie viel Energie man da reinstecken will. Ich denke, dass ein längerer (sprich: laaaaaanger) Text auch ermüdend ist, wenn man zu viel in jeden Satz reinpackt und optimiert, da fehlt dann schnell mal das Organische, Lebendige. Ich habe das Gefühl, je länger man an einem Satz feilt, desto länger braucht auch der Leser, um ihn in allen Dimensionen zu erfassen (oder er liest einfach darüber hinweg). Bei manch E-Literatur mag das gehen, in der U-Literatur verzichte ich lieber darauf (wobei das natürlich auch schon wieder eine bewusste Stilentscheidung ist).

      In Selbstreferenzen bade ich allerdings gerne. Ich bin jetzt endlich an dem Teil der Geschichte, wo alle möglichen Details wieder aufgegriffen werden, die ich mühevoll bisher auf dem Weg ausgesät habe, und es macht einfach Spaß Das ist als zu einem nicht geringen Teil Eigennutz, aber natürlich freue ich mich auch darüber, wenn die Leser die dann irgendwann finden. Das gibt mir auch selbst die Bestätigung, dass ich nicht nur irgendwas Chaotisches hingeschrieben habe, sondern dass ich da bewusst etwas Verschachteltes konstruiert habe.


      Überlasst Ihr viel dem Zufall, wenn es um Euren Erzählton und weitere Erzählebenen geht? Oder greift Ihr mit allen Mitteln ein?
      Zu "mit allen Mitteln" siehe oben: Nein. Aber meine Perspektivfiguren haben alle ihre eigene "Sprache" und ihre eigenen Probleme, die in einer Menge verwobener und verknotete Subplots münden.
      So etwas zu entwickeln überlasse ich in der ersten Schreibphase tatsächlich dem Zufall, aber sobald sich ein Detail als brauchbar herauskristallisiert, wird der entsprechende Strang ausgearbeitet und eingewoben.

      Wenn Ihr eine bestimmte Botschaft unterstreichen möchtet – aber auch, wenn Ihr "nur" gepflegt unterhalten wollt – wie weit geht Eure Vorabplanung einzelner Szenen?
      Das kommt jetzt darauf an in welcher Phase? Anfangs schreibe ich wild drauflos; sobald ich dann einen Plot dazu entwickelt habe, haben die einzelnen Szenen Ziele und einen groben Fahrplan, die Details sind aber noch recht zufällig. In der Überarbeitung werden dann auch diese Details gezielt eingesetzt und ausgebaut.

      Die Botschaft/ Prämisse der Geschichte halte ich mir dabei aber selten bewusst vor Augen. Entweder, meine Figuren bauen die ganz von selbst ein, oder die Prämisse taugt nichts. Jedenfalls würde ich den Figuren nichts in den Mund legen, was sie nicht sagen wollen, nur um irgendeine Botschaft an den Leser zu bringen.

      Benutzt Ihr alles, vom Ort, Jahres-, Uhrzeit, Wetter, Kleidung, über Charaktereigenschaften vom Namen bis zur favorisierten Krawattenmarke, um Eure Aussage zu stützen?
      Eher um die Atmosphäre zu stützen. Die wiederum soll natürlich letztlich die Aussage unterstreichen, aber da geht es mir eher um Stimmungen als um Aussagen.

      Plant Ihr vor dem Schreiben, Bilder, Metaphern, Symbole, symbolhafte Handlungen, Figuren hineinzubringen? Foreshadowing, Rückblicke, Wiederholungen? Muss jedes Puzzleteil der Erzähltechnik so früh wie möglich sitzen?
      Ganz vorher nicht. Zwischen den einzelnen Schreib- und Überarbeitungsdurchgängen dann schon. Der Vorteil ist, dass ich durch die erste Rohversion schon Symbole etc. angeboten bekomme, die ich dann aufgreifen und ausbauen kann. Die mir vorher abstrakt aus den Fingern zu saugen kann ich nicht bzw. fürchte ich, die würden sich zu gekünstelt und gewollt anfühlen. Dafür muss ich dann meine Geschichte eben zweimal schreiben, bis alles sitzt.

      Oder macht Ihr das "on the go" oder im Nachhinein oder nicht bewusst/intuitiv oder gar nicht?
      Ja, ja, ja und nein


      Poems are never finished.
      Just abandoned.

      Kommentar


      • Dodo
        Dodo kommentierte
        Kommentar bearbeiten
        Selbstreferenzen halte ich sogar für wichtig. Wie Du selbst schreibst, es sind nicht beliebig in den Text gespuckte Details, sondern tauchen sinntragend wieder auf. Ich finde es nur anstrengend - unleserlich oder unansehnlich - wenn die Geschichten in diesen Symboliken ertrinken und unverständlich werden.

      • Ankh
        Ankh kommentierte
        Kommentar bearbeiten
        Dodo Ich denke, wenn man wirklich gut schreiben kann, dann schafft man beides: Hohe Symboldichte und Leserlichkeit. Schwierig wird es halt, wenn man das nicht hinbekommt und die Lesbarkeit zugunsten der Symboldichte aufgibt. Und die Leute, die gerne mit Symbolen um sich werfen, überschätzen gerne mal ihre Schreibfähigkeiten.
        Ich finde auch Kubrik-Filme mitunter ziemlich anstrengend. Die laufen nicht glatt rein, die haben Längen und Details, die ich nicht oder nicht ohne Mühe und Recherche einordnen kann. Vielleicht ist das gewollt, vielleicht ist die einfache Konsumierbarkeit aber auch ein Aspekt, den Kubrik als unwichtig angesehen hat. Mir als Zahnrädchen der Unterhaltungsliteratur ist dieser Aspekt aber durchaus wichtig, und er trägt auch nicht unwesentlich zum Erfolg von Büchern bei. Denn bevor ich zu den ganzen tollen Selbstreferenzen vorstoße, muss ich mich erst einmal durch den Text bis dahin lesen, und je sperriger der sich präsentiert, desto unwahrscheinlicher ist es, dass ich bis zu den Referenzen komme und sie dann auch noch wohlwollend aufnehme.

      #4
      Better Call Saul ist wirklich ein Meisterwerk

      Ich selbst habe nicht ... unbedingt ... den Anspruch, ein Meisterwerk zu erschaffen. Gerade wenn es sich real anfühlen soll, finde ich, dass es auch mal nicht perfekt durchdesignt sein darf. Auf der anderen Seite liebe ich natürlich auch, wenn wirklich alles zusammenpasst. Daher:

      Oder macht Ihr das "on the go" oder im Nachhinein oder nicht bewusst/intuitiv oder gar nicht?
      Ich feile fast immer erst im Nachhinein, es sei denn ich habe gerade beim ersten Schreiben schon einen Geistesblitz. Aber ich muss eben meistens zuerst selbst rausfinden, wohin sich eine Geschichte entwickeln kann und was ich wirklich damit anfangen will.

      In erster Linie will ich realistische Figuren und Welten erschaffen, und mit diesen Unterhalten. Symbolkraft und dergleichen kommt für mich erst danach in der Priorisierung.

      Kommentar


      • Milch
        Milch kommentierte
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        Better call saul könnte etwas mehr Tempo vertragen.

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Warum?
        Ist doch schon fast ein Alleinstellungsmerkmal. Mehrere Minuten ohne Prota, ohne Action, ohne Dialog. Im Fernsehen. Und keiner schaltet weg. Obwohl alle wissen, wohin der Weg für Mr. McGill führt.

        Ich zumindest könnte zusehen, wie sich egal welche der Figuren die Schnürsenkel eine halbe Stunde lang zuknotet, und hätte viel über Storytelling gelernt.

      #5
      Ich entdecke es meistens währenddessen, das macht mehr Spaß. Großer Vorteil, es muss einen nicht gleich alles einfallen, sondern man hat Zeit zu überlegen. Manchmal habe ich schon Ideen vorher, die werden dann gesammelt.

      Spontan ist ja nicht gleich zufällig.
      Zuletzt geändert von Milch; 31.07.2019, 17:20.

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        #6
        Ich durchdenke eine Szene recht lange, manchmal auch kürzer, aber dann merke ich, dass sie nicht vollständig ist und ich muss sie noch mal schreiben oder so stark umschreiben, dass ich länger hätte denken sollen.
        Generell habe ich eine Liste mit Gegenständen, Redewendungen, "Dingen" usw. die sich durch meine Geschichte ziehen und die ich an gegebener Stelle einbaue. Aber, ich entdecke während des Schreibens immer noch mehr, denn ich plane eine Szene nur inhaltlich, nicht wörtlich, so dass das Schreiben selbst noch ausreichend Überraschung bietet.
        Nein das war ich nicht.
        Ach so, das!
        Ja, das war ich.

        Kontakt: administrator@wortkompass.de

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          #7
          Ich glaube, da bin ich eher einfach unterwegs. Ich schreibe generell sehr intuitiv. Manchmal überlege ich, ob etwas besonders gut darzustellen ist, aber selbst Metaphern kommen mir entweder im Schreibfluss oder es gibt eben keine spektakulären Bilder. Würde ich an den Sätzen und Abschnitten zu lange herumfeilen, würde mir das vermutlich auch den Spaß am Schreibprozess verderben. Als hauptsächlich für mich Schreiberling kann ich mir das aber vermutlich auch eher erlauben, als wenn ich im Hinterkopf hätte, es muss veröffentlichungstauglich sein und damit vielleicht bestimmte Sprachniveaus erfüllen, bzw. durch irgendetwas aus der Masse direkt hervorstechen. Ich finde sprachlich ansprechende Romane sehr schön, aber das ist für mich auch beim Lesen keine zwingende Voraussetzung. Im Zweifelsfall sollte mich der Plot ansprechen und ich bin zufrieden, wenn mir der nicht durch zig Rechtschreibfehler oder totale Stilfauxpas verdorben wird. Je nach Figur, aus deren Sicht ich schreibe, ändert sich das bei mir natürlich auch ein bisschen, aber das regele ich meist ganz unterbewusst und bessere dann nur punktuell noch mal nach, wenn mir selber beim noch mal Lesen dann auffällt, dass es so gar nicht passt zur Figur.

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