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Mittwochsfrage #120: Wie originell

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    Mittwochsfrage #120: Wie originell

    Letzte Woche fragte Julestrel nach dem ersten Samen Eurer Geschichten.
    Die werden dann fein eingepflanzt, gewässert, usw. Die erste Saat geht auf und dann ...
    Gänseblümchen. Keine Paradiesvogel-Fluoreszenzorchidee.
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    Ich weiß ja nicht, wie es Euch geht, aber ich "hadere" mit meiner Originalität. Jedenfalls kann ich mir nichts abzwingen. Hadert Ihr auch?

    Wie ist man originell? Wie wird man originell?
    Was das überhaupt, o/ri/gi/nell, so im allgemeinen, aber vor allem speziell, für Euch?

    Wie wichtig ist es Euch, "originell" – in Eurer Lesart - zu sein? Für wie originell haltet Ihr Eure Schreibprojekte?
    Was wäre unoriginell?

    #2
    Originell im Allgemeinen ist für mich alles, was im Kopf bleibt. Das ist entweder eine mitreißende Idee oder ein guter Schreibstil. Wenn ich merke, dass der Autor wirklich hinter seiner Idee steht, man die Mühe und viele Arbeit merkt, die dahintersteckt.

    "Extrem laut und unglaublich nah" ist für mich originell in Idee und Umsetzung.
    Originell sind für mich Geschichten, wo ich am Ende ratlos da sitze und noch tagelang zu knabbern habe, wie zum Beispiel "Life of Pi" oder, weniger ernsthaft, aber nicht weniger originell für mich, "Per Anhalter durch die Galaxis."

    Wie wird man originell? Hmm, sich treu bleiben? Oder gerade mal etwas wagen? Aus seiner Nische rauskommen?
    Nicht kopieren? Obwohl, wie sagte Walter Moers? "„Bei einem Dichter klauen ist Diebstahl, bei vielen Dichtern klauen ist Recherche."
    Zu sagen, was unoriginell ist, finde ich schwierig, weil Originalität doch für jeden etwas anderes ist. Ich kann den kürzesten Text brillant finden, die Person neben mir findet ihn vielleicht unecht oder hat irgendwo schon einmal etwas ähnliches gelesen.

    Ich glaube, ich bin da sehr profan, was meine eigene Originalität angeht: ich muss mich, wenn ich meinen Text lese, wiedererkennen können. Ich schreibe (Online)-Tagebuch seit Jahren und habe da einen gewissen Stil entwickelt. Wenn der plötzlich in meinen Texten fehlt, wäre es irgendwie nicht mehr meines. (Obwohl ich zu viele Füllwörter verwende ) Aber ob der originell ist, keine Ahnung.
    Mir bleiben die originellen Ideen noch aus, da setze ich mich aber nicht unter Druck. Irgendwann wird es Klick machen, da bin ich mir sicher.

    Was genau findest du denn an deinen Projekten nicht originell?
    »Was ich in deinen Träumen suche?
    Ich suche nichts.
    Ich räume auf.«
    Einstürzende Neubauten.

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    • Milch
      Milch kommentierte
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      Ob ich etwas gut finde, das ist Geschmacksache.
      Ob ich etwas originell finde, hängt auch davon ab, wie weit ich Überblick habe.
      Hat man keine Ahnung, neigt man eher dazu, etwas originell zu finden.
      Kenntnis ist bei der Beurteilung schon wichtig.Ich setze Kenntnis voraus.
      Größtenteils spürt man, wenn jemand einer Sache einen vollkommen neuen Dreh gibt.
      Ich halte den neuen Dreh für wichtig, denn es leugnet ja nicht, dass man immer etwas Bekanntem aufbaut.
      Manchmal kann es originell sein, eine Geschichte aus einem anderen Blickwinkel zu erzählen.
      Eine Mordgeschichte aus Sicht eines Familienangehörigen, nicht aus Sicht des Kommissars.

    #3
    Ich glaube, das wir Menschen so insgesamt nur ein paar Muster von Geschichten (Unterhaltungslit) besitzen, vielleicht eine Handvoll oder zwei Hände voll, mehr nicht. Daraus etwas zu machen, was Wiedererkennungswert hat und den Konsumenten das Muster auf eine anderen Wiese zeigt ist originell.

    Wobei ich das Streben nach Originalität genauso nervig finde, wie nach Authentizität, Perfektionismus - es blockiert. Manchmal sind einfach gut geschriebene Geschichten spannender, als die krampfhafte Suche nach Originalität.

    Dodo (thehe, da stand erst Dudu), Du schreibst originell. Das Genre ist alt, die Struktur, nichts neues. Aber Du schaffst es sie neu zu beleben mit den Figuren, Dialogen und Deinem Stil. Das ist für mich gleich Originel.
    Nein das war ich nicht.
    Ach so, das!
    Ja, das war ich.

    Kontakt: administrator@wortkompass.de

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    • Dodo
      Dodo kommentierte
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      Hup.

    • In-Genius
      In-Genius kommentierte
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      Es gibt literaturwissenschaftliche Studien zu diesen "Mustern von Geschichten", wie viele und welche Bausteine etc. Angefangen hat das, glaube ich, mit den Untersuchungen von Mythen und dem Feststellen, dass sich dort immer wieder vergleichbare Motive wiederholen - auch in Kulturen, die sich nie begegnet sind.
      Und Mythen sind ja quasi so etwas wie der Ursprung des Geschichtenerzählens, oder zumindest die ältesten Beweise für das Geschichtenerzählen.

    #4
    Originell ist man, wenn man anders denkt, wenn man nicht die gewöhnlichen Wege geht, sondern andere.
    Das kann inhaltlich geschehen, das kann auch sprachlich geschehen. Beides ist legitim.
    Erfolgreicher ist das Inhaltliche, weil man das Originelle schneller erkennt, ohne es gelesen haben zu müssen, siehe High Concept, literarischer gilt das Sprachliche.
    Originalität setzt Kenntnis voraus, man muss andere Geschichten kennen, um beispielsweise nicht in die Falle von Lasttransporterfahrer im Weltall zu gelangen.
    Unterschiedliches kennen, um unterschiedliches vermischen zu können.

    Nachtrag: Eigentlich ist einfach, originell zu sein.
    Es ist genauso einfach, einfach und klar zu schreiben.
    Es ist aber verdammt schwierig, einfach und originell zu sein.
    Zuletzt geändert von Milch; 19.06.2019, 14:29.

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      #5
      Wenn ich jemanden von "originell" reden höre, denke ich an noch nie dagewesen. Das ist der Moment, wo ich denke: Da komm ich nie hin.

      Und dann denke ich genau wie @weltatlas: Es ist alles schon erzählt worden. Es variiert noch das wer und das wie, und ein bisschen Feintuning ist auch noch drin. Es ist eher ein noch nie so dagewesen.
      Auch sonst schließe ich mich den anderen Postern an.
      Ich denke, wenn jeder Einzelne von uns Hamlet mit liebevoller Hingabe nacherzählen würde, käme etwas mehr oder weniger, aber doch Originelles heraus. Ob jeder Leser es mag oder ob es gut wäre, wäre eine andere Frage.
      Jeder, der nur oft und genug schreibt und viel, viel liest, wird irgendwann einen eigenen Stil haben, ob gut oder schlecht, auf jeden Fall originär, echt, auf seine Art einzigartig. Auch wenn er von Stephen King, Rosamunde Pilcher, Roman Polanski oder der Tagesschau abgeguckt ist.

      Weitere Frage: Meint Ihr, dass man einen Stil, der einem nicht innewohnt, auf Dauer erfolgreich kopieren bzw mit Leben füllen kann?

      Beim Lesen und Schreiben halte ich mit Leben füllen für ein wichtiges Merkmal, eine wichtige Komponente des Originellen.
      Es mag jemand originell finden, einen Roman nur mit Wörtern mit dem Anfangsbuchstaben A zu schreiben o. ä. Das finde ich per se nicht sonderlich originell. Ich erkenne es aber als künstlerische Denk- und Fleißarbeit an.

      Unoriginell: Tja, das wäre ein Text, in dem sich ein Schreibstil (noch) ohne eigene Handschrift lieblos an einem Inhalt ohne Überraschungen vergeht. Ich schätze, viele von uns hatten so eine Phase. Stichwort: "Mein schönstes Ferienerlebnis" (Deutschaufsatz). Auch da wimmelt es natürlich! von Ausnahmen.

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      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Ja, die Romane sind höchst originell. Wolf Haas erzählt zunächst die Geschichte, das Experiment ist die kunstvolle Optimierung seines persönlichen Stils, seines Humors.
        Es ist nie die Geschichte Sklave der Form.

      • Milch
        Milch kommentierte
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        Oder es fühlt sich nicht so an.
        Eine Form kann auch höchst inspirierend sein,

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Man erkennt die Handschrift des Autors. Möglicherweise wäre es bei einem anderen Autor weniger ansprechend geworden, weniger Original (im Sinne von Individualität), weniger Feuer für die Umsetzung, weniger Selbstironie.

      #6
      Ich stimme Milch darin zu, dass Originalität etwas damit zu tun hat, wie gut ich das Genre kenne, in dem ich mich bewege.

      Was ist für mich Originalität? Etwas Neues, etwas nicht Dagewesenes - wie schon von meinen Vorrednern angesprochen. Inwiefern man das Rad neu erfinden muss, sei mal dahingestellt, aber ich denke, irgendetwas muss der Roman schon haben, was man noch nicht kennt, damit man ihn als originell empfindet. Der Herr der Ringe war damals zur Zeit seiner Veröffentlichung unglaublich originell. Mit meinem heutigen Blick finde ich ihn ziemlich fad und unausgereift.

      Ob ich meine Texte originell finde? Ja, für mich natürlich schon, denn wenn ich sie als Ideen empfinden würde, die schon hundertmal genauso dagewesen sind, dann würde ich kaum die Leidenschaft aufbringen, mich mit diesen Ideen näher zu befassen. Wenn ich mit anderen über meine Texte rede (ganz nüchtern über die Handlung und nicht darauf eingehe, wie wichtig mir die einzelnen Figuren geworden sind), dann habe ich immer den Eindruck, das sind denkbar ausgelutschte Geschichten.
      Aber wie weltatlas schon gesagt hat, das ist ein Gedanke, der blockiert. Für mich als Autor ist es wichtiger, ob mich die Geschichte packt und mit Leidenschaft erfüllt. Und erst ganz am Ende, wenn sie geschrieben ist und ich mit einem distanten Blick darauf schauen muss, ob sich das eventuell vermarkten ließe, erst in diesem Moment finde ich die Frage nach der Originalität sinnvoll.

      (Wer schreibt, um zu veröffentlichen, sollte sich diese Frage selbstverständlich ein bisschen früher stellen.)
      Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

      So nah, so fern.

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        #7
        Ich bemüh mich nicht um Originalität. Was ist schon ein Original? Auch große Meister wie Goethe und Shakespeare haben von anderen Werken abgeguckt, teilweise recht hart. "Romeo und Julia" war nicht orginell, es war qualitativ hochwertig.

        Originalität ist, meinem Empfinden nach, eines dieser neumodischen Schlagwörter, die wenig faktliche Substanz haben, sondern auf das Gefühl abzielen. Auf das Gefühl, einzigartig und individuell zu sein - sowohl dem Leser als auch dem Autor gegenüber. Ich muss mir darüber nichts vormachen: Ich bin ein durchschnittlicher Mensch und mein Hirn funktioniert in durchschnittlicher Weise. Ich bin nicht besonders in dieser Welt und meine Fantasie ist es auch nicht.
        Originalität lässt das Genie mitschwingen, dass bei den Romantikern aufkam. Ein Bild, das Begabung und Talent betont, dafür Fleiß und Arbeit übersieht. Kunst ist nicht Talent, sondern Handwerk. Eine originelle Idee ist noch lange kein guter Text.

        Statt Originalität ist mir wichtig, dass die Idee eine innere Ziehkraft besitzt. Begeisterung und Botschaft sind wichtiger als das Noch-nie-dagewesene. Der Text muss mich mitreißen und in seine Welt entführen. Wenn eine originelle Idee gut umgesetzt ist, kann das helfen, aber es kann auch im Wege stehen - sofern man überhaupt etwas wirklich Neues erfunden hat.
        Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
        to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
        A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
        You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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        • Dodo
          Dodo kommentierte
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          Die "innere Ziehkraft" ist ein schöner Begriff. Das ist wahrscheinlich ähnlich dem, was ich Lebendigkeit nenne. Eine begeisterte, durch spürbar individuelle Züge des Autoren befeuerte Nacherzählung einer ollen Kamelle kann origineller sein als ein Text aus z B Käferperspektive. Mit Individualität meine ich nicht das Ego-Streicheln, sondern den eigenen, passenden Stil und die Erzählfreude des Autors, der so der alten Geschichte etwas Neues abringen kann.

        • In-Genius
          In-Genius kommentierte
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          Kann man sich Originalität überhaupt erarbeiten? Ich wüsste nicht, welche Schritte zu gehen wären, um das Original in etwas zu sein. Es ist ja nicht, der Beste in etwas zu sein, sondern der Erste mit diesem Gedanken zu sein.
          Ich halte das grundsätzlich für mehr Glückssache als Planung.

          Ist die Verwendung von seltenen, alten oder neuen Begriffen originell? War Paracelsus originell, weil er wissenschaftliches Deutsch erfunden hat? Oder ist das Pragmatismus, weil man Dinge ausdrücken muss, die in dieser Sprache noch nicht ausgedrückt wurden. Versuchen nicht viele Schriftsteller Wege des Ausdrucks zu finden, die weniger abgetreten sind? Das ist nicht originell, das ist gutes Handwerk.
          Shakespeare wird auch nachgesagt, viele Wörter schlichtweg erfunden zu haben. Aber ist es Originalität, sich Neologismen auszudenken oder einfach Faulheit, ein neues Wort zu schreiben, statt sich mit den gegebenen verständlich auszudrücken? Oder ist es Zufall? Eminem hat ein Wort erfunden, dass es ins Oxford Dictionary geschafft hat, aber im Zusammenhang des Liedes ist es alles andere als originell, sondern zwingenderweise alltäglich. Für seinen Nachruf ist es unerheblich, ob er originell war oder sein wollte, er hat ein Wort erfunden.

          Wie gesagt, dass Shakespeares "Romeo und Julia" heute noch gelesen wird, liegt an seiner handwerklichen Qualität.
          Luigi da Porto hat bereits sechzig Jahre zuvor eine tragische Liebesgeschichte über Guilietta und Romeo schrieb, zwei Liebende aus den verfeindeten Familien Montecchi und Capuleti aus Verona, mit den Freunden Marcuccio und Tebaldo; dass sich die Liebenden an einem Balkon treffen oder sie später Suizid begehen und all die Motive, die wir aus Shakespeares Werk kennen. Shakespeare hat viele Stoffe und Geschichten von den Italenieren übernommen und oft kann man genau zurück verfolgen welches Buch er als Vorlage nutzte.
          Trotzdem lesen wir Shakespeare, statt die Italiener. Warum? Weil Originalität nicht viel Wert hat. Man muss den Leser ansprechen und mitreißen können und das hat nichts mit originellen Ideen zu tun, sondern mit schriftstellerischem Können.

        • Milch
          Milch kommentierte
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          Glück kann man sich bis zu einem Teil erarbeiten.
          Erstens, weil man dranbleibt, sich nicht mit dem erstbesten zufrieden gibt.
          Zweitens, wenn man analysiert, was aus sich aus einer Kombination an Möglichkeiten ergibt.
          Drittens, wenn man schlechte Ideen aussortiert.
          Viertens, wenn man recherchiert und neugierig ist.
          Das ist auch Fleiß.

          England war eine Weltmacht, vielleicht deswegen Shakespeare.
          In Hollywood gilt das Motto: Niemand liest das Buch, jeder schaut den Film.
          Früher hieß es: Niemand liest den Roman, alle schauen das Theaterstück.
          Dann setzt sich das Theaterstück durch.
          Ich bin mir sicher, wenn viele das Original gekannt hätten, hätte sich Shakespeare nicht so durchsetzen können.
          Er war der Hitchcock seiner Zeit.

          Goethe hat ja in die Faustgeschichte auch etwas Modernes beigemischt, so dass das Handlungsgerüst alt war, aber nicht seine Philosophie.

          Das Handwerk hat auch etwas mit der Originalität der Sprache zu tun.
          Wenn man ein Wort erfindet, ist man auch originell, wie weit es originell ist, steht auf einem anderen Platz.
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