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    Monokultur

    Ich beziehe mich auf den Artikel Boom, boom, clap, clap aus der Zeit 37/2018. Es geht um den zunehmenden Einheitsbrei in der Musik. Nach einer spanischen Studie haben sich zwischen 1955 bis 2010 die Hits der westlichen Welt in der Lautstärke, Melodieführung und Klangfarbe angeglichen, die Instrumente ähneln sich mehr. Trompeten klingen mehr wie ein Piano.

    Der Artikel nennt zwei Gründe.
    Das Streben nach sogenannter "Marktgängigkeit": Die Produzenten passen sich zu schnell an den aktuellen Hits an, dann kommt es dazu, das wir die Handclabs, das männliche Falsetto und schwere Synthizer-Bässe in fast jedem Song hören.

    Bequemlichkeit: Die meisten arbeiten mit dem 1976-Kompressor von Ableton.

    Diese Gefahren können uns Autoren auch betreffen.
    Wir streben auch nach Marktgängigkeit.
    Wir nutzen nicht den 1976-Kompressor von Ableton, aber recherchieren alle mit Wikipedia.

    Seht ihr die Gefahr der Monokultur? Wie kann man sie beheben? Besteht darin nicht eine Gefahr, weil der Einheitsbrei irgendwann die Käufer langweilt.

    #2
    Es gibt sicher eine Gleichheit im Zentrum des Kulturschaffens, vermutlich nicht nur heute und nicht nur in der westlichen Welt. Aber ich bin naiv-optimistisch, dass sich an den Kulturrändern immer diverse Strömungen entwickeln und Menschen experimentieren und Künstler über ihren eigenen Kulturhorizont hinaussehen.
    Was ich aber dank des Internets befürchte ist, dass die Kommunikation zwischen Mitte, Rand und Publikum eingeschränkter ist. Wer nur in seiner Blase lebt und wirkt, wird von anderen Strömungen abgeschnitten, auch wenn sie einen interessieren oder bereichern könnten. Gleichzeitig kann es das Internet auch leichter machen, anderes Kulturschaffen wahrzunehmen.

    Spätestens aber wenn es die Käufer langweilt, gibt's was Neues. Ist mit dem Western auch passiert und Superheldenfilme fangen ein bisschen damit an: weil der Zuschauer das immer gleiche langsam satt hat, wird dezidiert Abweichung produziert zB Logan oder Deadpool oder Infinity War.

    Ich denke, Kunst/Kultur ist nicht mono. Das Werk eines Künstlers oder der Konsum eines Einzelnen hingegen schon. Da muss sich jeder an die eigene Nase greifen.
    Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
    to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
    A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
    You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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      #3
      Wenn, dann entsteht an der Spitze der "Belletristik und Sachbuch-Charts" ein Einheitsbrei. Wobei auch einzelne Bestandteile im Brei Gold sein können.
      Aber es hat immer wieder Modeströmungen bzw Zeitthemen gegeben, die dem langdauernden, kalt werdendem Brei entgegenstreben und für ein Aufbrechen der Kruste über dem Brei sorgen. Marketingtechnisch wird immer ein Mainstream existieren. Und die breite Masse fühlt sich wohl damit. Irgendwann kann aber auch diese Handclaps, Falsetto und schwere Synthesizerbässe nicht mehr hören, dann kommt der nächste Brei. Daher sehe ich keine Gefahr in der aufkeimenden Langeweile, sondern darin sehe ich die Chance für etwas Neues. Ich glaube an einen natürlichen Turnover.
      Wenn einem der Brei auf den Nerv geht, einfach mal was anderes ausprobieren. Einen anderen Sender einstellen, einmal das Buch neben dem eintönigen x-ten Popstar-Vampir-Milliardär-Psychothriller greifen. Es gibt sie, die Nichtbrei-Musiker und -Autoren, und es wird sie mE auch immer geben; weil Menschen bei aller Breisucht auch individuelle Vorstellungen und Ideen haben, die lohnend bedient werden können. Man muss sich als Autor im Zweifel darüber klar sein, dass man nicht das Zeug zum Bestseller-Schreiber hat, und wenn man damit leben kann, kann man vielleicht viele andere Menschen damit erfreuen. Oder vergraulen. Oder zum Nachdenken bringen. Oder zum Buchzuklappen.

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      • Milch
        Milch kommentierte
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        Das Problem ist, dass der Brei so groß ist.
        Ich weiß, dass es andere Musiker, Bücher und so weiter gibt, manchmal erreichen sie auch die Bestsellerlisten.

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Für wen ist es denn ein Problem?
        - Für den aufstrebenden Autoren, der neben all den anderen aufstrebenden Autoren keine Chance hat, sich angemessen abzugrenzen? Bestimmt. Aber auch im Einheitsbrei, der gar nicht so homogen ist, finden sich Perlen, die dann eine eigene Leserschaft aufbauen können.
        Das ist die Frage an den eigenen Anspruch. Will man auf dem Markt bestehen oder auf den Lehrplan einer höheren Schule? Manche schaffen beides, aber es ist sicher nicht die Regel, dass mehrere "Tschick"s auf den Büchermarkt gelangen. Oder will man einfach nur seinen Lesern, egal wie groß deren Zahl ist, gute Unterhaltung in Form zeitvergessender Lesestunden verpassen?
        - Für das Publikum, das im anspruchslosen Brot-und-Spiele-Nirvana versinkt? Ich glaube, dagegen kann man nichts machen, außer weiterschreiben, wie es einem selbst am besten passt.
        Sicher könnte man vehement versuchen, an Hör- und Lesegewohnheiten zu drehen (Piratenradiosender? Literaturwettbewerbe und Poetry Slams an Schulen? oder ganz irre: Vorleben im Elternhaus?), ich kann aber niemandem aufzwingen, sich gegen den Mainstream zu stemmen, wenn er ihm gefällt. Und wenn boom boom clap clap jemanden dazu bringt, selbst auch auf dem Ableton-dingsbums zu spielen oder eine wahnsinnig romantische Vampirtrilogie schreiben zu wollen (auch wenn dabei ein doofer SM-Millionär herumkommt), dann finde ich das in Ordnung.

      • Milch
        Milch kommentierte
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        Literatur ist immer Unterhaltung und Tschick ist ein gutes Buch.
        Ich glaube sogar, dass Publikum für Neues aufgeschlossener ist, als wir es annehmen, aber es nicht so lange suchen will. Sicherlich will sie keine Romane von Thomas Lehr, Blockschrift in Reinkultur, oder irgendwie wie etwas Verkopftes für die Schule. Das Problem ist, dass wir uns der Fallen nicht bewusst sind, die uns darin hindern, besser zu sein.

      #4
      Die beiden Gefahren sehe ich auch im Buchbereich.
      Die Bequemlichkeitsfalle kann auch bedeuten, dass uns die Tiefe an Wissen über andere Bücher und Geschichten fehlt, wo man sich noch inspirieren lassen kann. Beispielsweise, wenn ein junger Diskutant hier als Beispiel nur ein paar sehr bekannte Franchise erwähnte, die er nicht kopieren will.

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      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Wenn die Bereitschaft fehlt, sich komplexeres Wissen anzueignen, weil es Arbeit bedeutet, dann kann man demjenigen auch nicht mit vorgehaltenen Büchern und Geschichten helfen. So jemand muss erst lernen, dass Inspiration eben doch auch Transpiration bedeutet. Derjenige trägt aber bereits einen Funken zum eigenen Schaffen in sich. Entweder entfacht sich ein Feuer(chen) oder es verpufft.

      #5
      Eine gewisse Gefahr ist immer gegeben, dass diese Monokultur entsteht. Das sieht man ja auch daran, dass ein einzelner, hocherfolgreicher Ausreißer sofort Dutzende Nachahmer hervorbringt. (Shades of Grey --> plötzlich lesen alle in der U-Bahn Erotikromane. Der Marsianer --> Aufschwung im Sci-Fi-Segment.) Die breite Masse fordert und der Markt stellt sich entsprechend darauf ein.

      Für den Buchmarkt bin ich aber dennoch optimistisch.
      Ich kenne mich in der Musikszene jetzt nicht so wirklich aus (also: gar nicht), aber ich glaube, es gibt mehr Kleinverlage mit Stammleserschaft, als es kleine Musiklabels gibt. Wenn man ein total schräges Buch geschrieben hat, das so gar nicht massentauglich ist, dann hat man immer noch die Chance, mit mühevoller Suche einen passenden Kleinverlag zu finden. Oder als Selfpublisher rauszukommen. Ich weiß nicht, ob das bei nicht-massenkompatibler Musik genauso ist.
      Always avoid alliteration.

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      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Ich glaube, der Mainstream "verarmt" für den Hype-Moment, aber am Ende läuft sich der Hype tot und ein neuer Hype kommt.
        Und ja, ich glaube, die SoG-Leser (als Beispiel Fangemeinde) wollen auch die Nachahmer lesen, denn sie gehen dafür an -zig anderen Büchern vorbei. Sogar bei amazon etc, wo einem Werbung vermeintlich maßgeschneidert wird. (Wenn ich mir allerdings meine Werbebanner ansehe, frage ich mich, welchen Artikel ich wann wo angeklickt haben muss *augenroll*)

      • Milch
        Milch kommentierte
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        Ja, es gibt immer ein paar, die etwas so sehr lieben, dass sie davon nicht genug bekommt. Aber die Fans von Shades of Grey sind weniger als die Leser. Die Fans setzen eine Algorithmusoptimierung in Gang, die alle Nichtfans eher nervt.

        Das Maßgeschneiderte der Anzeigen ist ein Mythos, künstliche Intelligenz ist noch sehr blind und dumm.
        Zuletzt geändert von Milch; 19.09.2018, 19:26.

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Ich fand ja "Ship of Theseus" sehr gelungen, würde aber tatsächlich keinen zweiten Teil oder einen Nachahmer lesen wollen. Es war ein einmaliges Leseerlebnis, sehr cool, aber einmalig in jeder Hinsicht.

      #6
      Ich denke, "Mainstream" ist per Definition arm an Vielfalt. Da das Werk möglichst viele Leute ansprechen soll, muss es ein möglichst breit gestreutes Interesse befriedigen können und muss daher zwangsweise auf das Immer Gleiche zurück greifen, denn das ist der kleinste gemeinsame Nenner eines möglichst weiten Publikums. Und den Erwartungshorizont darf man ebenso wenig vergessen.

      Ich kenne ganz wundervolle Werke, die ich in einem Satz zusammenfassen kann, trotzdem sind sie nicht Teil des Mainstreams und ich denke auch nicht, dass sie es jemals würden. Ganz abgesehen natürlich von den Werken, die mit dem Anspruch geschrieben werden, nicht Teil des Mainstreams zu sein. Was auch immer sich James Joyce bei Ulysses gedacht hat, war sicher kein breites Publikum, das hat er garantiert bei keinem seiner Werke gedacht. Ich finde seinen Schreibstil faszinierend, aber verstehe nicht ein Wort.

      Ich denke, selbst Dinge, die im Mainstream sind und von vielen konsumiert werden, aber dabei schräg sind, haben damit zu kämpfen - weil die Erwartung für ein Mainstreamwerk nicht mit einem schrägen Werk zusammenpasst. Da vorhin bei Musik die Rede war: Eminem hat mit seiner Musik momentan genau dieses Problem. Er hat im Grunde Mainstream-Hip-Hop erfunden und er wird noch immer am meisten gehört, aber sein Werk entspricht nicht mehr den Mainstreamerwartungen und plötzlich wird das, was die Leute eigentlich an ihm mögen, zu schräg für sie zu genießen. Das ist eine recht eigenartige Entwicklung. Aber ich denke, sie zeigt gut, dass auch Mainstream nicht Stillstand ist, dass selbst mit der breiten Masse Veränderung und Ausdruck möglich ist. Manche machen das eben handwerklich besser als andere, ich denke, das ist der entscheidende Punkt.
      Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
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      • Milch
        Milch kommentierte
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        Ich weiß nicht, ob diese Wellen wirklich vom Publikum ausgehen. Sie mochte eine Vampirgeschichte, aber es heißt nicht, dass sie alle Vampirgeschichten liebt, die mit der Welle an Sand geschwämmt werden. Es kann schon sein, dass mit solch einer Welle auch lesenswerte Geschichte bekannt werden. Wenn sie läuft, dann ist es zu spät, auf die Welle aufzuspringen. Es gibt Leute, die immer Mal wieder Lust auf Vampire haben, die brauchen dafür keine Welle.
        Momentan haben wir eine "Tote plaudern aus ihrem Leben"-Welle, Lincoln im Bardo, das Feld.

        Man kann die Details noch mehr auskosten, mehr austesten, was geht.
        Das gilt übrigens nicht nur für das sogenannte Genre, auch in der Belletristik gibt es Themen, die man nicht mehr lesen kann.

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Aber wenn ich die Details des z B Vampirs auskoste, schwimme ich auf dem Hype.
        Und ich denke, wenn die Leute nichts von Vampiren lesen wollen (auch quatschende Tote, übrigens), dann kann man sie auch nicht durch das Überangebot dazu bringen. Zum Ausprobieren vielleicht. Aber nicht zum Fansein, wenn sie es nicht sind.

      • Milch
        Milch kommentierte
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        Beim Hype bringen neue Ideen für alte Muster wirklich nichts. Dann wartet man eine Weile, bis man wieder Vampire auf den Markt bringen kann. Trends sind irgendwann vorbei. Wenn man es nach ein paar Jahre nach Hypewelle wieder mit Vampire auf den Markt will, sollte man eine Idee für das alte Muster haben, man muss dann wirklich etwas Neues austesten.

      #7
      Ich halte diesen Optimierungsgedanken für gefährlich. Manchmal ist es klug, sich auf das Gegenteil zu stürzen. Wenn alle Vampire machen, mach Aliens.
      Der Optimierungsgedanken kann sich auch darin ausdrücken, dass man Plotvorlagen wie Save the Cat benutzt, alle Geschichten haben den gleichen Beat.

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      • Peter
        Peter kommentierte
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        Nicht anderes als antizyklisches Investieren. Hat sich bewährt, wenn man Geduld hat.

      #8
      Ich sehe das wie mit der EU-Vermarktungsnorm für Äpfel. Es unterliegt alles Regelungen wie der perfekte, einwandfrei verzehrbare Apfel aussieht. Als Konsument weiß ich, was ich bekomme. Anscheinend ist es wichtig den Kunden so wenig Überraschung zu bieten, wie möglich.
      Daher gehe ich in den Bioladen oder kaufe gleich beim Bauern. Manche Äpfel haben Druckstellen, haben einen Wurm oder sind komisch gemasert. Schmecken aber trotzdem nach Apfel, teilweise sogar besser ... apfeliger (manche sind saurer).

      Der Konsument trägt die Verantwortung dafür, was er will. Will er den EU-Apfel soll er ihn kaufen. Wenn nicht, gibt es noch vieles Andere - ist nur schwerer zu finden.
      Nein das war ich nicht.
      Ach so, das!
      Ja, das war ich.

      Kontakt: administrator@wortkompass.de

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      • Milch
        Milch kommentierte
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        Den meisten schmeckt das normierte Obst und Gemüse nicht mehr, aber wer riskiert schon einen Umweg, um im Bioladen extra Äpfel einzukaufen. Was die wenigsten wissen, ist, dass die Äpfel durch Handelsanforderungen geformt werden, deshalb wird nicht nach Geschmack, sondern nach Lagerfähigkeit gezüchtet.

      • weltatlas
        weltatlas kommentierte
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        So ist das.

      • Gast-Avatar
        Gast kommentierte
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        Interessanterweise haben sie mit der Zeit auch genau die Stoffe herausgezüchtet, die bspw. die Allergene in Schach gehalten haben. Daher vertrage ich nur alte Apfelsorten, wie den roten Boskoop, der natürlich nicht so schön aussieht und schnell braun anläuft. Dafür können ihn eben die meisten Allergiker essen.

      #9
      Ich habe mir auch schon viele Gedanken darüber gemacht.

      Man fühlt sich als Autor/in mehr wie ein Nutzvieh, wenn man so ließt wie Verlage sich verhalten. Man bekommt einen geringen Prozentsatz am Gewinn - ohne hohe Auflage nur ein Nebenverdienst, auch wenn man von allen Beteiligen wohl die meiste Zeit und evtl. Arbeit aufwenden muss, in Verhältnis zum einzelnen Produkt.

      In den meisten Fällen soll es schon so sein, das man nichtmal ein Wort mitreden kann was den Buchtitel oder die Covergestaltung angeht. Das steht alles im Zeichen vermarktungstechnischer Aspekte, und wird von Marketingabteilungen möglichst effizient abgearbeitet. So kommt ein Produkt heraus, das zwar gewinnorientiert ist, aber weit unter seinem Potenzial bleibt. Man liefert nur Text ab, wie eine Kuh Milch liefert, für ein Futter das den Namen nicht verdient. (Um es überspitzt zu sagen.)

      Das Ganze hat natürlich auch Auswirkungen auf den Autor. Will ich eine "Normarbeit" abliefern, vertraglich geregelt in einer festen Zeitspanne, oder "begnüge" ich mich mit individueller und ggf. zeitaufwendiger Handarbeit? Von Ersterem kann man ggf. leben (Hype/Trend), von Letzterem in den meisten Fällen nicht. Das ist auch eine Frage der Lebensumstände des Autors.

      Würden sich Autoren der "industriellen" Vermarktung prinzipiell entziehen, würden sich keine Monokulturen, Hypes und Trends bilden. Dann gäbe es aber vielleicht keine so bekannten Autoren die an ihren Werken reich wurden. Manche werden sogar verfilmt. Wäre das ohne Mainstream oder Hype möglich?

      Das sind aber sehr wenige Starautoren - in der heutigen Marktform sind die Unterschiede größer - viele Autoren die fast nichts verdienen; und dazwischen eine Handvoll, die am Mainstream und am Hype enorm verdient und prominent wird. Die Geschichte von der Chancengleicheit und dem Erfolg des Besten sind nur ein Theorem. So versuchen natürlich viele, irgendwo aufzuspringen um ein paar Krümel vom Kuchen zu bekommen.

      Die Verhältnisse sind bedingt durch unsere Marktwirtschaft. Das hat positive wie negative Seiten. Je nachdem wie man es betrachten will, ist es eine Welt voller Chancen (in deren Genuss immer nur wenige kommen), oder eine Welt der ungerechten Ausbeutung zugunsten der Verlagsindustie.

      Letztlich ist es beides - die Chancen reich und berühmt durch ein Werk zu werden, sind nur unter entsprechenden Vermarktungsmethoden möglich, auf Kosten Vieler, die auf der Strecke bleiben und unter Wert verkauft werden. Dabei ist der erfolgreichste Autor nicht zwingend der Beste. Leider.

      Am Ende steht noch der Faktor des Leser bzw. Kunden - lässt er sich auf die (fraglichen) Produkte ein die ihm angeboten werden? Aber ich denke der Kunde kann (in diesem Fall) am wenigsten für das was er bekommt, und am wenigsten Einfluss nehmen - Bücher sind halt keine Äpfel.

      Wie sich das mit dem Buch und den Kunden auf dem Markt verhält, wäre eine Abhandlung für sich. Aber ich denke, ja, es gibt eine Monokulturen, aber nicht nur. Der Unterschied oder das Problem liegt m.M.n. darin, was es für den Autor bedeutet.


      Edit:

      "Verarmung" droht dort, wo sich der Kreis "Leser-Autor" schließt. Wenn ich als Autor dem Mainstream ausgesetzt bin, beeinflusst das maßgeblich meine kreative Leistung. Entweder man muss wirklich sehr viel Verschiedenes lesen, um die Bandbreite zu erhalten, oder man verweigert sich dem breiten Strom.

      Ich habe z.B. beschlossen, GoT nicht zu lesen oder anzusehen. Nur eine Leseprobe und ein paar Folgen, um zu sehen womit ich es zu tun habe. In der Bücherei habe ich in einem Buch zu GoT gestöbert, nur oberflächlich. Weiter wollte ich es dann auch nicht in meine Gedanken einsickern lassen.
      Zuletzt geändert von Winterherz; 21.09.2018, 20:03.

      Kommentar


      • Milch
        Milch kommentierte
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        Menschen sind wahnsinnig beeinflussbar, sie sind nicht so rational, wie sie gern glauben, dass sie es wären.
        Krasse Rhythmusexperimente vielleicht, aber vielleicht mehr als Clap, Clap, Boom, boom, mehr Mut zur klaren Kante, mehr Experiment, mehr Spiel innerhalb des Mainstreams, weniger Malen nach Zahlen.

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Ich fragte ja auch nicht, ob ein Buchkäufer von Werbung beeinflusst wird - nur ob er dümmer ist als der übliche Werbekunde und blindlings Zeugs kauft, ohne sich zu vergewissern, dass er Spaß an dem Buch haben könnte. Ganz objektiv: ich prüfe, bevor ich mich kaufvertraglich binde, Werbung hin oder her.
        Welchen rationalen Grund braucht man, um ein Buch gerne zu lesen? Manche gefallen (mir) einfach, die lese ich immer wieder. Völlig irrational, ich kenne ja sogar das Ende.

        Wenn jemand für Sportler diese albernen Summen locker macht? Traurig, könnte man sinnvoller nutzen, aber ist so. Aber was hat das mit dem Sport oder dem Literaturbetrieb zu tun ...

      • Milch
        Milch kommentierte
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        Ob man an ein Buch Spaß hatte, kann man erst beantworten, wenn man es gelesen hat. Beim Buch kauft man immer ein Versprechen, dass einen gefällt. Vielleicht würden dir noch mehr und andere Bücher gefallen, wenn sie dir angeboten werden: ).

      #10
      Winterherz Ich bin ja durchaus ein Verfechter des SP, was einige hier sicher schon bemerkt haben, aber hier muss ich auch mal (wenn auch ungerne) für die Verlage in die Bresche springen.

      Wenn du als Autor eine möglichst große Kontaktfläche mit potentiellen Kunden haben willst, ist der Weg über einen Verlag und den stationären Buchhandel gar nicht so übel.
      An den Einnahmen aus Buchverkäufen verdienen: der Staat (7% bzw. 19%), der Buchhandel, der Handelsvertreter, der Grossist, das Lager- und Logistunternehmen, die Druckerei, der Setzer, der Korrektor, die Lektorin, die Coverdesignerin, der Verlag und zu guter Letzt die Autorin. Bestimmt habe ich hier noch ein paar Leute vergessen.


      Das setzt die 8%, die eine Autorin für ihre Geschichte bekommt erst mal in den passenden Rahmen.
      Zusätzlich zu dem schmalen Honorar erhält ein Autor vom Verlag noch das Korrektorat, das Lektorat, einen schönen Umschlag für das Buch, vielleicht sogar ein bisschen Werbung. Alles Kosten, die er sonst aus eigener Tasche hätte zahlen müssen. Wenn man sich überlegt, dass ein nicht gerade kleiner Anteil der 72.500 Neuveröffentlichungen, die der Börsenverein für 2017 gezählt hat, die Fixkosten nicht wieder eingespielt, könnte man fast vermuten, dass Verlage doch keine blutsaugenden Monster sind, sondern auch neuen und unbekannten Autorinnen hin und wieder eine echte Chance geben.

      Ich lese hier oft, das von dem Autor gesprochen wird. Den gibt es genauso wenig, wie die Leser(in) oder der Musiker. Autoren und Leser sind eine ziemlich heterogene Mischung, was schon durch die Vielfalt an (literarischen) Genres deutlich wird.

      Bei Mainstream lehne ich einfach mal an die Wiki Definition, das MS den Geschmack einer signifikanten Menge der infrage kommenden Gruppe widerspiegelt.
      Persönlich lese ich ganz gerne Mainstream. Aber auch hier sehe ich keine echte Monokultur. Das reicht vom Schwarm von Schätzing bis zu den SOG. Ich finde das diese Spannweite des Mainstream etwas zu breit für Monokultur ist.
      Aber selbst wenn nicht. Die Geschichten zu finden, die einem zusagen, ist eine Holschuld, nicht die Bringschuld der Verlage oder Autorinnen.

      Es gibt in Deutschland über 2.000 Verlage und die besagten 72.500 jährlichen Neuveröffentlichungen, wobei ich mir nicht sicher bin, ob der Börsenverein die SPler hier überhaupt mitzählt. Eher nicht.
      Viele Verlage, insbesondere bei den Klein- und Kleinstverlagen besetzen Nischen und sind oft mehr Liebhaberei der Betreiber, als gewinnorientierte Unternehmen. Hier finden sich viele Non-Mainstream Perlen, man muss sich nur die Mühe machen mal zu suchen.

      Das der Leser am wenigsten dafür kann, was ihm angeboten wird, halte ich für eine sehr gewagte Vermutung. Winterherz das musst du mir erklären.
      Gerade im SP Bereich entsteht oft eine ziemliche Nähe zwischen Bloggern, Lesern und Autorinnen. Durch alpha, beta und was-auch-immer-für Testleser, nimmt die Zielgruppe deutlich mehr Einfluss auf das fertige Produkt, als man es sich noch vor 10 Jahren in der Verlagswelt vorstellen konnte. Auf Plattformen wie Wattpad, etc. sind Leserinnen bei der Entwicklung einer Geschichte dabei und können sich einbringen. Für mich ist das ein beträchtlicher Einfluss.
      Andererseits bestimmen die Leser durch den Griff ins Buchregal oder den Klick bei Thalia ganz klar was sie lesen wollen, und was nicht. Die Macht der EC Karte.

      Mit der heute zur Verfügung stehenden Technik und Breite an Dienstleistern, kann sich jeder Autor der industriellen Vermarktung entziehen und seine Bücher komplett eigenständig herstellen und auf dem Wochenmarkt gegen eine Tüte nicht-EU-konformer Bio-Kartoffeln eintauschen.

      Sich einerseits gegen den Lesegeschmack der überwiegenden Mehrheit stellen zu wollen und andererseits damit ordentlich Kohle zu scheffeln, funktioniert leider nur selten. Bis auf die sehr wenigen Ausnahmen, die immer gerne angeführt werden. Aber da kann ich mich eigentlich nur Nike anschließen: Just do it.



      Zuletzt geändert von Peter; 21.09.2018, 14:13.
      I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

      Douglas Adams

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      • Peter
        Peter kommentierte
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        Winterherz

        "Die Frage nach der "Monokultur" ist also eine Frage nach der Wirtschaftlichkeit."

        Nö. Nur wenn die Frage der Wirtschaftlichkeit für dich persönlich ausschlaggebend ist, ob du ein Buch schreiben und veröffentlichen willst.

        Heutzutage kann jeder, manchmal bedauerlicherweise, sein eigenes Buch schreiben und veröffentlichen (und vermarkten), und so die Monokultur aufbrechen. Es sei denn die finanzielle Belohnung ist das Hauptmotiv des eigenen Schreibens.

      • Winterherz
        Winterherz kommentierte
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        Ich bezog es nicht so direkt auf dass, was der Autor an Geld erhält.

        Unabhängig davon, was der Autor verdient, muss der Verlagsbetrieb wirtschaftlich sein. Das hat direkte Auswirkungen auf die Buchgestaltung.

        Zum Beispiel: Kann das Cover ein teures Artwork von einem passionierten Künster sein, oder doch nur eine Stockphoto-Montage? Man vergleiche alte und neue Buchcover, alte und neue Plattencover, usw. Was da heute oft zu sehen ist, pardon, ist das Geld nicht wert.

        Wo liegt die Ursache, wenn nicht in der Notwenigkeit der Wirtschaftlichkeit? Oder, (und das will wohl gar keiner hören), im Profitanspruch?
        Ich will nicht jedem Verlag unterstellen ein gieriger Sklaventreiber zu sein, aber diese Verlage müssen sich am Markt behaupten.

        ...
        Zuletzt geändert von Winterherz; 22.09.2018, 16:51. Grund: Korrektur

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Ich glaube, dass die allermeisten Verlage von Menschen mit Leidenschaft für Bücher betrieben werden, die am Ende ein gutes Buch haben wollen. Viele gute Bücher für viele zufriedene Leser, das ist das Geschäft.
        "Schreib mal Mainstream" als Aufforderung an die Autorengaleere und "Friss was wir Dir vorlegen" an den ach so doofen Leser ist kein erfolgsversprechendes Rezept. Ich kann mir nicht vorstellen, dass erfolgreiche Verlage so arbeiten - weil erfolgreiche Autoren und mündige Leser nicht gehorchen.

        "Wer als Autor von der Arbeit leben will, muss extrem findig und produktiv sein". Ja. Stimmt.
        Mit einem einzigen Werk der neue Gott am Autorenhimmel zu werden und von den Zinsenzinsen leben zu können, das ist eine sehr niedliche Vorstellung. Wenn das nicht klappen sollte, ist aber nicht ein Verlag oder ein dummer Leser Schuld ...
        Erfolgreiche Autoren, die sich selbst vermarkten, haben einen Knochenjob. Wie andere Arbeitnehmer auch, die dann wiederum in ihrer Freizeit schreiben ...
        Und was die Qualität angeht ... Was sind denn Qualitätsmerkmale? Wie kann man "Harry Potter", "Deutschstunde", "Schnee auf dem Kilimandscharo", "Jahrmarkt der Eitelkeiten", "Das Schweigen der Lämmer", "Lebensansichten des Katers Murr", "Tschick", "Verblendung" oder "Axolotl Roadkill" messen und/oder vergleichen?

      #11
      Zitat von Dodo
      Ich glaube außerdem, dass die meisten Verlage kein Interesse daran haben, ihre Erfolgsautoren in unkreative Zwangsjacken zu stecken (inhaltlich). Zwei Seiten, ein Interesse: Buch verkaufen. Der Verlag spürt wahrscheinlich als erster die Anzeichen eines Hypes oder dessen Ausklingens.
      Es gibt wahrscheinlich eine Menge Autoren, deren Namen wir nicht unmittelbar auf dem Schirm haben, die von ihrer individuellen Schreibarbeit leben können, weil sie flexibel, clever, kreativ und fleißig sind.
      Vielen Dank.

      Zudem sehe ich es kritisch, wenn man die eigene Meinung auf ein paar extreme Erfahrungen aufbaut.
      Es gibt überall schwarze Schafe. Unter den Verlagen, Agenturen, Lektor*innen und Autor*innen. Zu wissen, was in der Literaturbranche passiert, ist wichtig, wenn man ein Teil davon ist/sein möchte. Aber meiner Meinung ist es hinderlich, wenn man von außerhalb mit dem Finger auf Schwachstellen zeigt, deren Ausmaße man gar nicht (aus eigener Hand) kennt. Natürlich ist es notwendig, über z. B. DKZV aufzuklären, aber Vorurteile bringen niemandem was.
      Und ja, es gibt sehr unschöne Entwicklungen in der Literaturbranche, die ich gar nicht breittreten möchte. Aber gerade gestern hatte ich ein Gespräch mit einer Kollegin (Publikumsverlag), bei dem es um die Betreuung eines bestimmten Projektes ging. Für die Seite des Verlags nicht besonders lukrativ, aber es geht uns auch nicht darum, den Autor zu melken, sondern zu unterstützen und aufzubauen.
      Motivierte*r Autor*in → lernbegierige*r Autor*in → höhere Qualität und Quantität bei Texte und Lesungen → größere Leserschaft → mehr Geld für den Verlag

      Kommentar


      • Milch
        Milch kommentierte
        Kommentar bearbeiten
        Da stellt sich wieder die Frage, was ist Qualität. Ich fand die Romane von Thomas Lehr eine Zumutung, ich mag seitenweise Blockschrift nicht, aber es ist auch gut, dass es ihn gibt.

      • Winterherz
        Winterherz kommentierte
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        So böse war es auch nicht gemeint.

        Um nochmal auf Eragon zu sprechen zu kommen - die Covergestaltung ist wunderbar, mir gefällt sie sehr, ich wäre als Autor zufrieden. Dann gibt es Titel, die wohl noch bekannter sind, aber die Cover sind zum Haare raufen. Es gibt in jedem Fall solche und solche.

        Und es ist nicht so, das man es den Autoren nicht gönnen würde - ich glaube Paolini freut sich riesig, und das hat er verdient, er hat sich die Mühe nicht gemacht damit das Buch floppt. Auch wenn des Handwerklich sicher besser geht.

        Erfolge wie die von Paolini machen mir z.B. Mut, das man auch erfolgreich sein kann, wenn man nicht 120-prozentig liefert.
        Aber ich verstehe dann auch, wenn jemand denkt "Warum der und nicht ich, ich habe technisch die bessere Arbeit geliefert!"

        Und genau das ist eine Frage der Wirtschaftlichkeit, des Trends und des Kundenkreises.

        Die Verfilmung von Eragon ist im übrigen furchtbar finde ich, das hat das Buch nicht verdient, Schreibstil hin oder her.

      • Victoria
        Victoria kommentierte
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        Milch
        Wenn ich von Qualität spreche, gehe ich von den Basics aus (also das, was hier in den Artikeln, Schreibimpulsen und -kursen vermittelt wird). Ich will mir nicht anmaßen zu sagen, was guter oder schlechter Stil ist.

        Winterherz
        Ich fasse nichts böse auf und meine auch nichts böse.
        Ich kenne genug Fälle, bei denen die Zusammenarbeit echt kacke gelaufen ist. Abgesehen von den schwarzen Schafen; wenn man die Lage von weitem betrachtet, liegt es an der Wirtschaftlichkeit – ein Verlag ist halt ein Unternehmen –, weshalb sich jemand als Autor*in links liegen gelassen gefühlt hat.
        Ich hab das Gefühl, dass sich Autor*innen ganz klein fühlen, wenn sie mit einem (großen) Verlag zusammenarbeiten. Vielleicht müsste man sie ein bisschen empowern und ihnen sagen, dass sie Vertragspartner sind. Die Verlage wollen mit den Autor*innen Geld machen, aber sie können auch nicht hellsehen oder aus jeder einzelnen Person herauskitzeln, welche Bedürfnisse sie haben. Also, Mund aufmachen.

      #12
      Nur so ein kleiner Gedanke nebenbei ... Wann (und wo) hatten Menschen eigentlich jemals eine solche immense Auswahl an Lesestoffen und Musik wie heute?

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      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Milch Sehe ich auch so; die Wagehalsigeren Musiker laufen derzeit nicht im Düdelfunk, sondern anderen Sendern. Aber es gibt sie (und in Berlin muss man nicht einmal wirklich suchen). Von daher halte ich Musik für kreativ wie eh und je. Wie die Industrie ihr Geld macht, entscheidet aber das Publikum mit Reinhör-, Bezahl- und Raubkopierverhalten.
        Zuletzt geändert von Dodo; 22.09.2018, 12:41.

      • Peter
        Peter kommentierte
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        Ein passender Gedanke nebenbei, den man um einen kleinen Zusatz erweitern könnte:

        Und wann hatte jeder einzelne Mensch jemals solche Möglichkeiten sein persönliches Buch zu schreiben, zu veröffentlichen und einer bedeutenden Anzahl anderer Menschen zu präsentieren?

      • Milch
        Milch kommentierte
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        Berlin ist da eine Ausnahme. Es ist schon ein Ironie. Dass Radiomacher abfragen, was Leute gern hören, um ein Programm zu machen, was ihnen super gefällt, die ärgern sich über den Dudelfunk.

        Kreativität und gute Text sind harte Arbeit und bedürfen Erfahrung, die SP-Büchern erscheinen mir oft marktgängiger als die Verlagsromane.
        Zuletzt geändert von Milch; 22.09.2018, 13:42.

      #13
      Eigentlich wollte ich nochmal auf die Sache eingehen, warum ich denke, das der Kunde in Bezug auf den Buchmarkt wenig Einfluss hat. (Ich finde den passenden Kommentar nicht, bin auch gleich weg)

      Ein Apfel ist was einfaches und kostet wenig. Ich kann, wenn ich will, von jedem Apfel einen kaufen, und zu Hause in Ruhe probieren, was mir schmeckt. Hier kann man schnell ausprobieren. Ausserdem gibt es dabei noch andere Indikatoren - ist das Produkt er Bio (Gesundheit), FairTrade (Soziales), Regional (Umwelt), usw.

      Mit Büchern geht das sehr schlecht. Wenn man ein Genre nicht wirklich viel ließt, hat man kein Vergleich. Und man kauft auch nicht eben mal 10 Bücher, nur um zu sehen welches einem am Ende das "beste Buch" sein mag. Einmal hat man dann schon alle 10 bezahlt (das will man ja vermeiden, da gleiche Buch kauft man nicht "jeden Tag" wie Äpfel), und zum anderen sind sie dazu zu teuer.

      Am Ende weiß der Verlag ja nicht ohne weiteres, welches der 10 Bücher ich wie fand. Das erfordert dann Feedback (Rezensionen z.B.). Nun kann ich alternativ Bücher Probelesen, oder in der Bücherei ausleihen (aber die Auswahl dort ist leider sehr begrenzt). Die Frage ist, ab wann kann ich mir ein ausreichendes Urteil bilden?

      Anderes Problem - kaufe ich ein Buch nicht, kann der Verlag zwar darauf schließen, das es mir nicht gefällt, aber er weiß dann noch nicht, was ich denn stattdessen haben will (sofern ich das überhaupt selbst weiß). Usw.

      Das ganze funktioniert leider nicht wie ein Nahrungsmittel oder ein Verbrauchsgut, das durch laufendes Nachkaufen entsprechende Rückschlüsse zulässt. Daher ist es wichtig, sich mit den Kunden zu vernetzen.

      Damit diese Kunden ein Feedback geben, das zu Qualität und Vielfalt anregt, müssten sich auch ein Urteil bilden können. Ich glaube, das heutige Marktstrategien zu Kunden führen, die eben das nicht mehr können. Aber das ist eine Glaubensfrage, bis sich die Wahrheit beweist.

      Ich jedenfalls denke nicht, das ich am Markt das Buch finden kann, das für mich "das Beste" ist. Letztlich stehe ich auch nur am Wühltisch, und wenn das Buch beim Anlesen keine Katastrophe ist, nehm ich es vielleicht mit. So rette ich immerhin ein Mängelexemplar vor der Entsorgung.

      Als ich ein Buch von Markus Heitz aus dem Wühltisch zog (Judastöchter), war es schon nach kurzer Zeit eines meiner Lieblingsbücher. Als ich dann aus der Bücherei ein anders Buch der Reihe las, habe ich es nicht fertig gebracht, es zu Ende zu lesen - es war nicht mein Ding.

      Das ich das eine und nicht das andere im Wühltisch fand, war einfach Zufall...
      Welche Bedeutung habe ich nun als Kunde bzw Leser?

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      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        weltatlas Nein, für heute bin ich durch mit Denken. Ich schreibe jetzt nur noch.

        Alys II. Oder ist es der Gedanke eines leidenschaftlichen Lesers ...

      • Milch
        Milch kommentierte
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        Wenn es nach Kundenbefragungen gegangen wäre, wäre die Kutsche besser gepolstert, aber es wäre kein Auto dabei herausgekommen. Ich weiß nicht, wie das Zitat genau heißt. Also, das Problem bei Kundenbefragungen ist, dass in guten Ideen Arbeit steckt, die kein Kunde macht. Er äußert vielleicht sein Unbehagen, was man ernst nehmen sollte.

      • In-Genius
        In-Genius kommentierte
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        Natürlich kannst du zehn Bücher kaufen und dann schauen, was du magst. Wie sonst soll man einen Geschmack ausbilden, wenn nicht durch ausprobieren?
        Ich hab hier rund 2000 Bücher und Comics stehen. Nicht alles ist gut, nicht alles ist schlecht. Aber ich weiß sehr genau, was ich gerne lese, wie ich Werbung interpretieren muss und woran ich ein für mich gutes Buch erkenne. Das sind einfach Erfahrungswerte.

        Dank des Internets und Conventions kann ich sogar zu den Künstlern (und Verlagen) gehen und ihnen sagen, was ich am Werk mochte und warum. Ich tu das auch, gerade bei aufstrebenden deutschen Mangakas, eben weil die Kosten/Nutzen-Rechnung da für Verlag und Autor nicht wirklich aufgeht - ich aber trotzdem mehr dieser Werke lesen will.

        Der Leser bzw Konsument hat seinen Einfluss auf den Kunstmarkt, aber er muss sich eben selbst darum kümmern ein mündiger Konsument zu sein. Sich bilden hat noch nie geschadet.

      #14
      Bei der Musikindustrie kann man auch fragen, ob es daran liegt, dass es kaum mehr Geld für die Künstler gibt.

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        #15
        Weil hier irgendwie die Behauptung aufkam, Verlage würden Autoren zu Mainstream-Bücher zwingen: Das kann ich aus eigener Erfahrung und was ich von Kollegen (zumindest in der Phantastik) gehört habe, nicht bestätigen. Ein Autor schreibt nunmal besser Bücher, wenn er das schreibt, wofür er brennt. Und bei manchen ist das eben "Mainstream".

        Mir selbst ist es übrigens relativ egal, ob gerade etwas Mainstream ist. Wenn mir etwas gefällt, dann höre, lese oder guck ich es an - und wenn es gerade "in" ist, dann freu ich mich, dass ich mehr Nachschub bekomme. Klar kann ich nicht jeden Hype verstehen und frag mich auch manchmal, warum z.B. bestimmte Bücher so ein Riesenerfolg haben, obwohl sie meiner Meinung nach schlecht sind. Aber wenn es den Leuten gefällt ... dann ist das eben so.

        Ich habe übrigens keine Angst, dass eine Monokultur entsteht. Es gibt immer Möglichkeiten, abseits des Mainstreams Bücher, Musik, etc. zu produzieren, und es gibt immer Menschen, die genau diese Dinge suchen. Außerdem wird jeder Mainstream irgendwann langweilig und ändert sich, sobald der neue Trend kommt.


        Noch etwas zum Thema "die bösen Verlage lassen die Autoren nie mitentscheiden": Das stimmt so nicht. Ich wurde z.B. bei meinen Covern gefragt. Und ich hätte für Blutgesang auch ein komplett anderes haben können. Aber wie bei allem, was Zusammenarbeit betrifft, kommt es halt auch drauf an, wie man sich verhält. Es ist dämlich von mir als Autor, die Erfahrungen der Cover-Designer und des Marketings in den Wind zu schlagen, weil ich mir das rosa Einhorn für blutige Schlachtenfantasy einbilde.
        »Elezeis Blut schien in Aufruhr zu sein und brannte unerwartet kalt durch ihren Körper. Es war ein Gefühl, das nach Zerstörung dürstete.« – Blutgesang

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        • Dodo
          Dodo kommentierte
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          Marktgängig als Gegensatz zu eigenem (überdurchschnittlichen) künstlerischen Anspruch (Stil, Inhalt, Sendungsbewusstsein)? Warum? Auch dafür gibt es Publikum. Und sogar Verlage, die auf "Anspruch" Wert legen (und trotzdem fürchterliche Grammatik durchgehen lassen).

          Oder marktgängig im Gegensatz zu "Ich würde jetzt gerne die Genreerwartung platzen lassen"? Dagegen spricht nichts, wenn dieser Regelverstoß verdammt gut begründet wird - die Geschichte also immer noch stimmt und der Leser sagt: Ja, so und nicht anders.

        • Julestrel
          Julestrel kommentierte
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          Milch ich kann nur von mir reden, aber ich habe nicht das Gefühl von "Schere im Kopf". Ich hatte sogar schonmal versucht, etwas im Stil eines anderen Buchs zu schreiben, aber es wurde doch wieder "meine" Geschichte. Was mich auch zum Punkt "Bequemlichkeit" bringt: es ist bequemer, mein Zeugs zu schreiben als irgendwie versuchen, meine Ideen so zurechtbiegen, dass sie vielleicht zum Mainstream passen. Und ich bin da dann einfach zu viel fauler Hund

        • Milch
          Milch kommentierte
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          Dodo, natürlich sind Leser offener, der Markt ist offener, marktgängig als klischeehafte Auslegung, was der Markt scheinbar verlangt.
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