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Historische Korrektheit - Pflicht oder entbehrliches Übel?

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    Historische Korrektheit - Pflicht oder entbehrliches Übel?

    Eine ganze Zeit lang habe ich mich ausschließlich im Fantasy-Bereich aufgehalten und kaum einmal über den Tellerrand geblickt. Auch mein aktuelles Korrekturprojekt ist in diesem Genre beheimatet, aber inzwischen möchte ich mich doch einmal anderweitig umsehen.

    Ich spiele schon eine ganze Weile mit der Handlung eines historischen Liebesromans herum, dessen Setting das viktorianische England um 1850 ist. Ich kenne mich durch die Literatur aus dieser Zeit (Bronte, Dickens, Doyle etc.) eigentlich ganz gut aus und würde es mir zutrauen, selbst auch eine Geschichte für diese Zeit zu entwickeln. Nach den ersten Versuchen eines Rohentwurfs habe ich aber festgestellt, dass es einfach so unglaublich viele Infos zu dieser Zeit gibt, dass ich gar nicht überblicken kann, was mir jetzt noch fehlt und was ich alles eigentlich gar nicht brauche. Deshalb habe ich folgende Fragen an euch:
    • Wie korrekt muss ein historischer Roman in euren Augen sein? Wie viele Fehler verzeiht ihr?
    • Welche Erfahrungen habt ihr selbst beim Schreiben eines solchen Projektes gemacht? Habt ihr Tipps, wie man mit der Recherche-Flut umgehen kann, ohne sich verrückt zu machen?
    • Was macht man, wenn ein entscheidender Plotpunkt unmöglich wäre, wenn man sich exakt an die historischen Fakten hält? Muss man dann das ganze Projekt neu aufziehen?

    Ich bin gespannt auf eure Meinungen.
    "Alles, was wir brauchen, ist Glaube, Vertrauen und Feenstaub."
    (Peter Pan)

    #2
    Ich würde schon sagen, sehr korrekt. Hier und da mal ein Flüchtigkeitsfehler? Okay. Aber wer einen historischen Roman schreibt, sollte gut recherchieren. Bei solchen Romanen gehört sowas fast schon zum Plot.

    Ich selber habe noch nie einen historischen Roman geschrieben. Aber ich musste, vor allem für meine TES Apokryphischen Texte viel recherchieren, und tu es auch gerade für mein C0DA. Einen wirklichen Tipp um mit der Masse an recherchepunkten umzugehen habe ich leider nicht. Ich würde den Plot normal aufschreiben und alles markieren, was du noch recherchieren musst. Du weißt ja am besten, was du weißt und was recherchiert werden muss.

    Wenn ein wichtiger Plotpunkt ohne Änderung nicht geht, dann ändere den geschichtlichen Fakt. Aber ich mag es dann eher, wenn die Änderung begründet wird. Alternativ-Zeitlinien z.b. Also Zeiten mit Änderungen, wie Nazis haben Roboter, Nord- und Süd-Korea verbünden sich gegen Amerika usw. Eventuell ändert auch dein Prota unwissend die Zeit?

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      #3
      Ich finde es auch unheimlich wichtig, dass bei historischen Texten es ohne Fehler zugeht. Vor allem ist das wichtig, wenn man an die Leser denkt. Das hat zwei Gründe. Erstens: Manche merken sich Dinge daraus und nehmen sie als wahr und gegeben auf, weil sie davon ausgehen, dass man gut recherchiert hat. Wenn man dann falsches Wissen an die Hand bekommt, ist das nicht sehr gut. Und zweitens: Gerade in unserer Kultur gibt es sehr viele Menschen, die sich mit der europäischen Vergangenheit auskennen. Allein durch den Geschichts-, Kunst- und Deutschunterricht an der Schule (und Musik) bekommt man viel an die Hand. Dann schnappt man hier und da etwas auf, guckt mal eine Doku oder liest selbst gerne historische Romane und wird diese Diskrepanzen merken. Und das wird dann wohl bei mehr als ein paar Leuten so sein. Das kann dann sehr schlecht für den Ruf sein. Ich würde einen Autor, bei dem das als wirklicher Fehler zu sehen ist, nicht mehr ernst nehmen.

      Wie du dagegen vorgehen kannst, hängt von dir ab. Entweder du machst dir vorher die ganze Arbeit und guckst in deinem Plot, was du recherchieren musst oder du machst es am Ende und kannst dann Dinge, die dir aufgefallen sind, genauer untersuchen.
      Am Besten suchst du dir aber auch noch Probeleser, welche sich mit den Gebieten auskennen. Die werden dir wohl dann am Ende noch ein ganzes Stück helfen können.

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        #4
        Hallo Sophie,
        nicht jedes Detail ist entscheidend. Sondern wie überzeugend und plausibel die Figuren und die Handlung sind. Wenn Du dann noch einige handverlesene Momente (kein Fluten mit Belanglosigkeiten!) dieser Zeit mit einbauen kannst, seien sie romantisch und reizvoll, kurios und geradezu aus der Zeit gefallen für heutige Verhältnisse - um so besser. Das liebe ich am guten Roman: Tiefgründige Kenntnis in angemessenem Stil erzählt zu bekommen.
        Die Geschichte ist die Speise, der Stil die Würze dazu. Wenn es geschmeckt hat, war es ein gutes Rezept.

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          #5
          Vorweg: Ich lese historische Romane eher selten und ans Schreiben hab ich mich erst recht noch nicht gewagt.
          ”‹Aber wenn ich mir extra einen historischen Roman zulege, dann erwarte ich auch historische Korrektheit und gute Recherche. Eigentlich wie bei allen speziellen Romanen. Jemand, der einen Universitätsroman schreibt, wird sich hoffentlich halbwegs über die Abläufe an der Uni schlau gemacht haben (z.B., dass ohne Internet heute gar nix mehr geht *hust*). Jemand, der einen Erotikroman schreibt, weiß hoffentlich, dass das mit dem Blümchen und den Bienchen nur ein Märchen ist. Sonst könnt ich ja gleich zum Märchen greifen.
          Klar kann man auch überall Untypisches einbauen, aber dann halt so, dass dadurch keine Logiklücken entstehen und es nicht wie schlechte Recherche rüberkommt.

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            #6
            Ich finde, dass die Rahmenbedingungen stimmig sein müssen. Weltereignisse sollen echt sein und datumtechnisch stimmen. Technische Errungenschaften sollen auch stimmig sein. Die Geschichte, die in "viktorianischer" Zeit statt findet, soll auch in viktorianischer Zeit statt finden und nicht in einer pseudo viktorianischen Zeit statt finden (Steampunk) - außer man will so was bewusst schreiben. Ich persönlich finde, dass die Geschichte zur Farce verkommt, wenn die Eckdaten nicht stimmen. Ich bin kein History Freak aber wenn ich das Gefühl habe, dass ein Detail nicht stimmig ist, dann regegiere ich nach und wehe, es stimmt nicht!

            Ich bin der Meinung, dass man nicht alles wissen muss, aber man soll ein stimmiges Gefühl für die Zeit vermitteln können. Wie war das Leben von Fabrikarbeiter, von Wohlhabenden, von Landbevölkerung, von Bediensteten usw. Ihr Lebenseinstellung und Lebensumständen soll vermitteltet werden können. Warum muss das Magd in die Stadt gehen um als Wäschefrau/Fabrikarbeiterin/Zimmermädchen arbeiten zu müssen. Welche Tätigkeit/Gerätschaften/Arbeitszeit/Kosten usw. bestimmen ihr Tag? Wie ist die soziale Einstellung ihr gegenüber? Sind ihre Aufstiegsmöglichkeit realistisch? Wie realistisch sind die Chancen, dass sich ein reicher Gentleman tatsächlich in ihr verliebt und heiratet oder sie nur schwängert und seine eigene Cousine heiraten muss?

            Bestimmt Merkmale aus der Zeit kannst du dann einbauen um die Detailreichtum deiner Geschichte Tiefe zu verleihen. Viele Dinge nimmt der Mensch als selbstverständlich und müssen nicht extra hingewiesen werden. Wenn es keine Autos gibt, dann gibt es Pferde und Kutschen sowie Eisenbahn - Man soll aber wissen, dass die Eisenbahn was Besonderes war und fast ausschließlich von reichen benutzt worden ist. Man muss aber nicht erklären wie genau die Kutschenform hieß oder wie oft sie fuhr. In der Stadt gibt es bestimmt Gaslaternen und es ist auch interessant zu erwähnen, dass es Menschen gibt, dessen Job es war sie anzuzünden - aber aus was das Gas besteht und wie sie hergestellt worden ist, gelagert und verteilt war ist zu viel.

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              #7
              In den meisten Fällen sind die Leser historischer Romane ein Stückweit geschichtlich bewandert, so dass falsche Fakten einen aus dem Lesegenuss reißen können. Klar kann es immer wieder mal passieren, dass man hier und da einen kleinen Fehler macht, aber ich würde versuchen, es möglichst genau zu machen.

              Um viel Recherche kommt man da leider nicht Außenrum, und ich kenn das selbst, wenn man seinen Plot aufgrund von Rechercheergebnissen ändern muss (auch wenn es bei mir damals nur Steampunk war ). Ich weiß, dass es in manchen historischen Romanen ein Nachwort gibt, wenn Fakten aus dramaturgischen Gründen geändert wurden. Aber da hab ich keine Ahnung, wie aktzeptiert es ist ... es hilft auf jeden Fall nicht, wenn einen falsche Dinge beim Lesen aus der Geschichte reißen.


              Julestrel
              »Elezeis Blut schien in Aufruhr zu sein und brannte unerwartet kalt durch ihren Körper. Es war ein Gefühl, das nach Zerstörung dürstete.« – Blutgesang

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                #8
                Ich denke, mal sollte unterscheiden, in wieweit ein konkretes geschichtliches Ereignis / Ereignisse oder Persönlichkeiten in die Story eingebunden sind. Will ich eine Geschichte schreiben, wo die Protagonisten unmittelbar in die Entwicklung der französischen Revolution verwickelt sind - oder ist es eine Liebesgeschichte, die sich allein in den Wirren dieser Zeit entfaltet? In diesem Falle muss mE nicht alles bis in das kleinste Detail recherchiert und / oder dargestellt werden; vielleicht nehmen die Protagonisten den Ablauf auch anders wahr, als wir es fast dreihundert Jahre später wahrnehmen. Als Autor darf man sich mE Freiheiten nehmen, aber natürlich sollte man nicht übertreiben, wenn das Attribut "Historischer Roman" lauten soll. Wer sich das Genre aussucht, muss mit der Konsequenz der sorgfältigen Recherche leben. Anachronismen oder Datierungsfehler dürfen in keinem Fall vorkommen.
                Wer als Leser jedoch einen Historischen Roman für bare Münze nimmt, ist selbst Schuld. Möglicherweise wäre solch ein Leser mit einem Geschichtsbuch besser bedient, in dem als gesichert anerkannte Fakten stehen (je nach Nation und Zeitpunkt, in und zu dem das Geschichtsbuch verfasst wurde ).

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                  #9
                  Stimmt, ein Stückweit kommt es schon auf die Art der Geschichte an. Trotzdem bleibe ich dabei, dass falsche Fakten einen aus der Geschichte reiße und ärgern können, und im schlimmsten Fall legt der Leser das Buch weg.
                  »Elezeis Blut schien in Aufruhr zu sein und brannte unerwartet kalt durch ihren Körper. Es war ein Gefühl, das nach Zerstörung dürstete.« – Blutgesang

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                    #10
                    Bei historischen Liebesromanen sind die Leser weniger streng als bei einem historischen Roman mit Liebe.
                    Denn wenn man es ganz streng nimmt, könnte oft das Paar gar nicht schnell zusammenkommen wie geschildert.

                    Habt ihr Tipps, wie man mit der Recherche-Flut umgehen kann, ohne sich verrückt zu machen?
                    Haha ...
                    Nein.

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                      #11
                      Hallo Sophie,

                      ich schreibe selbst eine Geschichte, die im Jahre 1866 (allerdings in Deutschland) spielt, aber ich habe sehr viele Bücher gelesen, die Mitte des 19. Jahrhunderts im viktorianischen England spielen. Zugegeben, keine Liebesromane, aber genau da kommt der Punkt, an dem es für dich ein bisschen einfacher werden kann. Möchtest du den Fokus eher auf das historische oder auf die Liebesgeschichte legen?
                      Eine Liebesgeschichte kommt auch mit weniger Hintergrundinformationen aus, als bspw. ein historischer Roman über eine Arktis-Expedition.
                      Allerdings sollten alle Details aus jener Zeit auch stimmen und du solltest dir die Frage stellen, ob du wirklich alle Details benötigst.
                      Mindestens ebenso wichtig, wie die korrekten Fakten, finde ich, dass die viktorianische Atmosphäre eingefangen wird. Ohne diese, könntest du den Roman auch gleich in die heutige Zeit setzen.
                      Als Lesetipp empfehle ich dir "Drood" von Dan Simmons. In diesem Buch konnte ich tatsächlich ins London des 19. Jahrhunderts eintauchen.
                      Ebenfalls lesenswert ist "Der Monddiamant" von Wilkie Collins, da es genau in dieser Zeit geschrieben wurde und die viktorianische Gesellschaft sehr schön veranschaulicht.

                      Zu deinen konkreten Fragen:

                      Wie korrekt muss ein historischer Roman in euren Augen sein? Wie viele Fehler verzeiht ihr?

                      Die Informationen, die vorkommen, müssen korrekt sein. Definiere mal bitte Fehler. Meinst du absichtlich Fehlinformationen oder eher kleine Abweichungen, Ausschmückungen o.ä.?
                      Letztendlich kann man hier auch ein wenig spielen und historische Fakten widerlegen oder verfeinern. Es kommt aber auf das Setting an. Bei mir funktioniert es ganz gut, denn mein Protagonist ist alkohol- und laudanumabhängig, was ihm seine ganz eigene Realität verschafft.

                      Welche Erfahrungen habt ihr selbst beim Schreiben eines solchen Projektes gemacht? Habt ihr Tipps, wie man mit der Recherche-Flut umgehen kann, ohne sich verrückt zu machen?

                      Wie ich bereits schrieb, habe ich schon einige Erfahrung damit und kann etwas variieren. (siehe oben)
                      Du musst wissen, was für deine Geschichte wirklich unabdingbar ist. Ich weiß, dass man beim Recherchieren gerne mal vom Hundertsten ins Tausendste kommt. Gehe nur so weit, wie du es benötigst.

                      Was macht man, wenn ein entscheidender Plotpunkt unmöglich wäre, wenn man sich exakt an die historischen Fakten hält? Muss man dann das ganze Projekt neu aufziehen?

                      Das kommt stark auf den Einzelfall an. Dazu müsste ich mehr darüber wissen. Wenn du möchtest, kannst du es mir per PN schicken.



                      Ich hoffe, dass ich ein wenig helfen konnte und wünsche dir viel Erfolg bei deinem Vorhaben. (Das 19. Jahrhundert liegt mir irgendwie besonders am Herzen.)


                      Grüße - magico

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                      • Sophie
                        Sophie kommentierte
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                        Vielen Dank für die Buchtipps, die werde ich auf jeden Fall auf meine Leseliste setzen - gerade der Roman mit dem Londoner Setting ist für mich interessant, weil ein großer Teil der Handlung tatsächlich innerhalb der Londoner Gesellschaft stattfinden soll.

                        Ich bin leider noch nicht so weit, dass ich konkrete Problempunkte in meinem Plot erklären könnte. Dazu bin ich noch nicht weit genug in meiner Planung und vieles wird sich ohnehin noch ändern, ehe ich etwas Handfestes habe. Aber es ist gut zu wissen, dass sich hier ein Fachmann tummelt. Da werde ich, wenn du nichts dagegen hast, sicher nochmal drauf zurückkommen.

                      • Gast-Avatar
                        Gast kommentierte
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                        Gerne, dafür sind wir ja hier ...

                      #12
                      Ich lese historische Romane gerne, hab aber kein großartiges Hintergrundwissen. Von daher fiele es mir wahrscheinlich gar nicht auf, wenn da kleine Fehler drin sind. Was ich aber wichtig finde ist, dass ich ein Gefühl für die Zeit bekomme und etwas darüber lerne. Ich finde es toll, wenn so alltägliche Kleinigkeiten erwähnt werden, die im heutigen Alltag völlig unwichtig wären, in historischen Roman aber interessant sind, weil sie eben anders sind. Ob das jetzt die Verwendung von Sockenhaltern ist oder der Wert eines Pfennigs oder die Art und Weise, wie eine Person eines gewissen Standes angesprochen wird; ich will das Gefühl haben, dass der Autor weiß, was er da erzählt, und die vergangene Zeit vor meinen Augen lebendig macht.
                      Poems are never finished.
                      Just abandoned.

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                        #13
                        Ich liebe geradezu die Rechercheflut. Wenn ich dabei Kartei(Datei)-Leichen generiere - ist mir egal. Ich sammle erst einmal, was ich kriegen kann. Dann überfliege ich das ganze nach groben Stichworten. Stoße ich dabei auf Dinge, die mir für Glaubwürdigkeit, Tiefe und Logik der Story oder Charaktere relevant erscheint, gehe ich dem weiter nach. Hinterher sitze ich auf einem Ordner mit Dingen, die ich vorher nicht wusste, von denen ich nur einen Bruchteil benötige ... aber über das zusätzliche Wissen freue ich mich. Ich vergess' aber auch so vieles.
                        Allerdings habe ich mich noch nicht im historischen Fach versucht (und für Gaslight/Steampunk werde ich gewisse Freiheiten behalten). Wenn ich aber etwas "ernsthaft" historisch ansiedele, werde ich sicher mehr recherchieren als am Ende erkennbar sein wird, wahrscheinlich sogar vom Hundertsten in das Tausendste geraten. Doch ich werde das Tausendste nicht mit dem Leser teilen, wenn es nur Ausdruck meiner vorangegangen Selbstqual und meines Fleißes bei der Recherche sein würde - und den Leser unnötig quält. Sofern es ein Leser ist, der meine Art zu lesen (und zu schreiben) teilt, während ein anderer Leser sich vielleicht über die (Original-) Bedienungsanleitung eines antiken Webstuhls freuen würde.

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                          #14
                          Vielen Dank für eure ausführlichen Einschätzungen.

                          Auch wenn es das Schreiben eines Historienromans nicht unbedingt einfacher macht, finde ich es eigentlich wirklich gut, dass euch allen eine solide Recherchearbeit wichtig ist. Ich sehe schon, dass mir da noch eine große Herausforderung bevorsteht, ehe ich mit meinem Projekt in ernstzunehmende Bereiche vordringen kann.

                          Auf meine Merkliste kommen also folgende Punkte:
                          • Recherche ist auf jeden Fall notwendig!
                            Grobe Patzer im historischen Kontext reißen den Leser aus der Geschichte und können dazu führen, dass der Roman beiseite gelegt wird.
                          • Es kommt darauf an, dem Leser ein Gefühl für die Zeit zu geben.
                            Man sollte die Informationen, die man sich mühsam zusammengesucht hat, nicht auf Teufel komm raus in die Geschichte pressen, sondern richtig dosiert einbinden. Leser möchten kein Geschichtswerk durchblättern, sondern eine stimmige Geschichte in einem Setting lesen, in das sie sich durch die Beschreibungen des Autors hineinversetzen können.
                          • Anders als im "klassischen Historienroman" hat man z.B. in den Genres Steampunk oder Historienromanze mehr Freiraum.
                            Natürlich muss auch in diesen Genres der Ablauf stimmen, der Leser verzeiht aber eher kleinere Änderungen, sofern sie gut begründet und homogen eingearbeitet sind.
                          Interessant ist, dass sich das nicht unbedingt mit meinen Erfahrungen als Leserin deckt. Gerade in der Sparte der bereits erwähnten viktorianischen Liebesromane gibt es inzwischen selbst in Verlagsveröffentlichungen so haarsträubende Fehler, dass man nur mit viel Geduld und Willenskraft über sie hinwegsehen kann.
                          Aufgefallen ist es mir besonders in der "Romantic History"-Sparte von Egmont Lyx - die Werke dort sind eigentlich wirklich gut geschrieben und ich lese sie gerne, aber ich stolpere immer wieder über Szenen, die in der historischen Realität gerade gesellschaftlich völlig unmöglich gewesen wären.

                          Was denkt ihr, woran das liegt?

                          Ich hatte überlegt, ob dies nicht einfach dem Versuch geschuldet ist, moderne Romanzen mit gewisser erotischer Spannung in eine (zum Teil romantisch verklärte) Vergangenheit zu übertragen. Somit könnte man ja theoretisch die Leser(innen) von Historienromanen dazugewinnen, ohne die klassischen Romanzenleser zu verprellen. Und da bleibt dann einfach die historische Korrektheit auf der Strecke.


                          PS: Wie ich die Rechercheflut bewältigen soll, muss ich dann wohl für mich selbst herausfinden.
                          "Alles, was wir brauchen, ist Glaube, Vertrauen und Feenstaub."
                          (Peter Pan)

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                            #15
                            Ich kenne jetzt die Romane nicht, die du meinst, aber das Viktorianische Zeitalter war nicht prüder als andere. Das wurde erst im Nachhinein angedichtet. Es gibt *sehr* interessante erotische Literatur aus der Zeit. Vielleicht sind die Romane also sogar realistischer (wie gesagt, kenne ich nicht) als das, was man so gemeinhin über das Zeitalter zu wissen glaubt.

                            Was ich noch vorschlagen wollte: Mal recherchieren, was genau an den Tagen, wo die Geschichte spielt, in der Welt bzw in der Umgebung passiert ist. Wenn da irgendein Weltereignis stattfindet, und deine Protagonisten erwähnen es mit keiner Silbe, wirkt das für Historienkenner auch seltsam.
                            Poems are never finished.
                            Just abandoned.

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